Das EU-Einheitspatent kommt 2014

Das EU-Einheitspatent kommt 2014

Bisher hatte der Anmelder von Patenten in Europa die Wahl, ob er seine Erfindung durch nationale Patente oder durch ein Europäisches Patent, sogenanntes Bündel-Patent, schützen lassen möchte. Das Europäische Patent kann nach seiner Erteilung in einzelnen benannten Staaten validieret werden und ist erst danach in diesen Staaten wirksam. Künftig steht dem Anmelder eine weitere Option zur Verfügung: das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung („Einheitspatent“/“einheitliches Patent").

Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) verhandelten fast drei Jahrzehnte über die Schaffung eines einheitlichen Patents und eines einheitlichen europäischen Patentgerichts. Am 17. Dezember 2012 haben der Europäische Rat und das Europäische Parlament die Verordnung (EU) Nr. 1257/2012, die die Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes (Einheitspatentverordnung; EPV) regelt, und die Verordnung (EU) Nr. 1260/2012, die die anzuwendenden Übersetzungsregelungen (ÜEPV) behandelt, verabschiedet. Beide Verordnungen traten am 20. Januar 2013 in Kraft. Anwendbar sind die beiden Verordnungen jedoch erst am 1. Januar 2014 oder ab dem Tag des Inkrafttretens des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht (EPG-Übereinkommen), je nachdem, welcher der spätere Zeitpunkt ist.

Das Europäische Patent

Beim gegenwärtigen europäischen Patentverfahren muss der Patentinhaber nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung aus den 38 Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens eine Auswahl von Vertragsstaaten treffen, in denen er eine Schutzwirkung erhalten möchte. In vielen Vertragsstaaten muss der Patentinhaber eine Übersetzung der Ansprüche oder der kompletten Patentschrift in einer Amtssprache des betreffenden Staats beim nationalen Patentamt einreichen.

Über die Verletzung und die Rechtsgültigkeit europäischer Patente entscheiden derzeit nationale Gerichte oder andere Behörden der EPÜ-Vertragsstaaten. Möchte ein Patentinhaber in mehreren Ländern ein europäisches Patent durchsetzen oder möchte ein Dritter in mehreren Ländern den Widerruf eines europäischen Patents erwirken, so kann dies zu Nachteilen führen. Es besteht insbesondere die Gefahr, dass in den einzelnen nationalen Staaten voneinander abweichende Entscheidungen getroffen werden, die Verfahrensdauern unterschiedlich lang sind und durch die Einleitung mehrerer Verfahren höhere Kosten entstehen.

Das EU-Einheitspatent

Beim EU-Einheitspatent handelt sich um ein vom Europäischen Patentamt nach dem Europäischen Patentübereinkommen erteiltes europäisches Patent, dem nach der Erteilung auf Antrag des Patentinhabers einheitliche Wirkung für die Hoheitsgebiete der 25 teilnehmenden Mitgliedsstaaten verliehen wird.

Das Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht soll die vorgenannten Probleme durch die Einrichtung eines eigenständigen Patentgerichts ("Einheitliches Patentgericht" oder „EPG“) mit der ausschließlichen gerichtlichen Zuständigkeit für Streitigkeiten in Bezug auf europäische Patente und europäische Patente mit einheitlicher Wirkung lösen.

Das EPG umfasst ein Gericht erster Instanz, ein Berufungsgericht und eine Kanzlei, d.h. eine zentrale Geschäftsstelle. Das Gericht erster Instanz besteht aus einer Zentralkammer (mit Sitz in Paris und zwei Außenstellen in London und München) sowie mehreren örtlichen und regionalen Kammern in den Vertragsstaaten. Das Berufungsgericht wird seinen Sitz in Luxemburg haben. In Deutschland wird die Errichtung lokaler Kammern in Düsseldorf, Mannheim, München und Hamburg erwartet.

Ein Urteil des EPG hat Gültigkeit in allen Mitgliedstaaten des Übereinkommens, ohne dass es einer gesonderten Anerkennung bedarf. Die Verfahrenssprache ist grundsätzlich die Amtssprache in dem Staat, in dem die zuständige Lokal- oder Regionalkammer seinen Sitz hat. Vor der Zentralkammer ist die Erteilungssprache des Patents maßgeblich. Die Verfahrensdauer soll maximal ein Jahr betragen. Die Vertretung erfolgt grundsätzlich durch Rechtsanwälte, die von Patentanwälten unterstützt werden, oder ggf. auch durch Europäische Patentanwälte mit Zusatzqualifikation.

Vorrangiges Ziel des EU-Einheitspatentes ist es, eine einheitliche Gerichtsbarkeit zu schaffen und die Kosten für den Patentschutz in Europa zu reduzieren.

Anmerkung

Es bleibt abzuwarten, ob das EU-Einheitspatent den erwarteten Fortschritt bringt. Das Europäische Patentamt geht zwar davon aus, das das EU-Einheitspatent im Vergleich zum Europäischen Patent (Bündel-Patent) für Anmelder eine Kostenersparnis von bis zu 70 Prozent der derzeitigen Kosten bringen kann. Allerdings weist das Europäische Patentamt darauf hin, dass es für Anmelder, die lediglich in einzelnen Vertragsstaaten der EU einen Schutz benötigen, günstiger sein kann, sich für ein Europäisches Patent und nicht für ein EU-Einheitspatent zu entscheiden. Wählt der Anmelder mehr als neun Mitgliedsstaaten der Europäischen Union aus, sei aber das Einheitspatent günstiger. Um den Übergang der Europäischen Patente (Bündel-Patente) zum Einheitlichen Patentgericht zu erleichtern, wird zunächst eine siebenjährige Übergangsfrist vorgesehen, die auf 14 Jahre verlängerbar ist, innerhalb derer sich jeder Inhaber eines Europäischen Patents (nicht der Inhaber eines Einheitspatents) entscheiden kann, ob er eine Verletzungsklage vor den nationalen Gerichten oder vor dem EPG führen möchte. Der Inhaber des Europäischen Patents hat das „Opt-In“ oder „Opt-Out“ gegenüber der Kanzlei zu erklären. Innerhalb der Übergangsfrist kann diese Erklärung grundsätzlich jederzeit abgegeben oder widerrufen werden.

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